Erste Hilfe Outdoor: Die 10 wichtigsten Tipps

Erste Hilfe Outdoor: Die 10 wichtigsten Tipps

Ob Klettern, Wandern oder Biken, Zeit alleine oder mit Freunden in der Natur zu verbringen, ist eine der schönsten Freizeitaktivitäten. Damit wir diese Zeit auch wirklich genießen können, ist es wichtig, auch auf Notfälle vorbereitet zu sein und die wichtigsten Dinge in Sachen Erste Hilfe Outdoor zu wissen.

Hier sind die 9 wichtigsten Tipps, um im Zweifelsfall Outdoor Erste Hilfe leisten zu können:

1. Sichern & Überblick verschaffen 

Die wichtigste Regel im Notfall: Sichere zuerst Dich selbst, nur so kannst Du anderen helfen. Sobald Du und Deine Gruppe sicher sind, setze einen Notruf ab.

Im Notfall ist es entscheidend, Ruhe zu bewahren und sich einen Überblick zu verschaffen. Halte Dich an 10-for-10-Prinzip: statt überstürzt zu handeln, halte 10 Sekunden inne und atme durch, um die Situation richtig zu beurteilen und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.

Bevor weitere Aktionen erfolgen, sollten zudem folgende Fragen geklärt sein:

  • Ist der Unfallort sicher?
  • Befindet sich die verunfallte Person noch in Gefahr?

2. Notruf absetzen: Wie kann ich Hilfe holen, wenn ich sie brauche?

Im Falle eines Notfalls ist es entscheidend, schnell Hilfe zu rufen. Du solltest Dich also je nach Wanderziel vorab informieren, welche Möglichkeiten es gibt, um einen Notruf abzusetzen. Auch vorhandene Apps kannst Du schon vor der Reise auf das Smartphone herunterladen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können.

Mit der kostenlosen SOS-EU-ALP Notfall-App kannst Du beispielsweise schnell und einfach ein Notruf absetzen. In Tirol, Südtirol und Bayern werden dann GPS-Daten, der GPS-Abrufzeitpunkt, Höhendaten und Akkustand des Handys durchgegeben. Die entsprechenden Rettungsdienste werden alarmiert und können die Unfallstelle genau lokalisieren. 

In Österreich zeigt die App auch Defibrillator-Standorte an. Außerhalb von Tirol, Südtirol und Bayern erfolgt die Notfallmeldung über den Euro-Notruf 112, jedoch ohne Positionsdatenübermittlung. Wichtig ist, dass die Kommunikation nur bei ausreichender Netzabdeckung funktioniert.

1-W-Regel für den Notfall

Früher sprach man von der 6-W-Regel, heute nennt man sie die 1-W-Regel. Ziel ist, dass ein Notruf für alle Parteien so reibungslos und effizient, wie möglich abläuft. Deshalb steht das “W” bei der 1-W-Regel für Warten. Die Profis sind am anderen Ende der Leitung und fragen Dich alles, was sie wissen müssen.

Dennoch ist es sinnvoll, sich an der 6-W-Regel zu orientieren, mit denen Du bei einem Notruf sicherstellen kannst, dass alle wichtigen Informationen bei Rettungsdienst oder Feuerwehr ankommen:

  • Wo?
  • Wo genau befindet sich die verletzte/ erkrankte Person? Im Falle einer Wanderung: In welchem Gebiet, markante Wegpunkte, Koordinaten, etc.

  • Was?
  • Was ist genau passiert?

  • Wer?
  • Welche Person ist verletzt?

  • Wie viele?
  • Wie viele Personen sind verletzt bzw. erkrankt?

  • Welche Verletzungen/ Erkrankung?
  • Welche Verletzung oder Erkrankung liegt vor? Ist die Person ansprechbar? Wie geht es der
    Person?

  • Warten auf Rückfragen!
  • Erst auflegen, wenn die Leitstelle aufgelegt hat.

    Die Standortbeschreibung ist die wichtigste der W-Fragen bei einem Notfall im Bergwandern. Es ist entscheidend, eine genaue Koordinate von einem GPS, Handy oder einer Uhr abzulesen und weiterzugeben.

    Falls diese Geräte nicht verfügbar sind, ist eine detaillierte Beschreibung mithilfe einer Karte und möglicherweise eines Höhenmessers erforderlich. Auch eindeutige Merkmale in der Umgebung, wie eine Gipfelstation, eine Kirche oder andere prägnante Wegpunkte sind hilfreich.

    Das alpine Notsignal

    Wenn kein Netz für einen Notruf zur Verfügung steht und es bei schweren Verletzungen nicht möglich ist, die verletzte Person allein zu lassen, kann ein alpiner Notruf abgesetzt werden.

    Dieses Signal kann akustisch oder visuell erfolgen und besteht aus sechs Zeichen pro Minute, gefolgt von einer einminütigen Pause. 

    Dabei können eine Notfallpfeife oder auch ein Handylicht oder eine Stirnlampe zum Einsatz kommen.

    Sobald Hilfe informiert worden ist, sollte die Ankunft des Rettungsdienstes vorbereitet werden. Dazu kann eine Landefläche für einen Hubschrauber freigeräumt und eine Helfer:in an einem sichtbaren Punkt positioniert werden.

    3. Erste Hilfe: Rettungskette

    Die Rettungskette legt fest, welche Maßnahmen in einem Notfall in welcher Reihenfolge wichtig sind.

  • Vitalfunktionen überprüfen: Puls, Atmung, Blutdruck, …?
  • Die betroffene Person laut an und leicht rütteln. Wenn keine Reaktion kommt, weiter mit lebensrettende Maßnahmen.

  • Starke Blutung stoppen 
  • Dazu einen Druckverband anlegen – entweder mit einem fertigen Druckverband oder auch mit zwei Mullbinden und einer Kompresse, die auf der Wunde liegt. Die eine Binde noch verpackt auf der Kompresse platzieren und die zweite fester darum binden, sodass Druck ausgeübt wird.

  • Schocklagerung
  • Die Person auf den Rücken legen, mit den Beinen weiter oben. Dazu etwa einen Wanderrucksack unter die Waden schieben. Ausnahmen sind ein Herzinfarkt oder ein Sonnenstich, dort sollte der Oberkörper etwas höher gelagert werden.

  • Stabile Seitenlage
  • Wenn die Person bewusstlos ist, aber atmet, in die stabile Seitenlage bringen oder einfach auf die Seite, mit dem Kopf in den Nacken legen.

  • Vor Auskühlen schützen
  • Die Person mit der Rettungsdecke zudecken, goldene Seite nach außen.

  • Weitere Erste-Hilfe-Maßnahmen
  • Je nach Verletzung Wunden verbinden, Knochenbrüche ruhig stellen und immer beruhigen, trösten und ablenken.

    4. Prellungen, Zerrungen & Brüche behandeln

    Glücklicherweise handelt es sich bei den meisten Unfällen in den Bergen lediglich um kleinere Verletzungen wie Wunden, Prellungen oder nicht lebensbedrohliche Brüche. Für diese Verletzungen ist das PECH-Schema eine bewährte Methode:

    • Pause: Ruhe ist wichtig, um weitere Schäden zu vermeiden.
    • Eis: Kühlen der verletzten Stelle hilft, Schwellungen und Schmerzen zu reduzieren.
    • Compression: Durch das Anlegen eines Druckverbandes wird die Schwellung kontrolliert.
    • Hochlagern: Die verletzte Extremität sollte erhöht gelagert werden, um den Blutfluss zu reduzieren.

    Bei häufigen Umknicken des Sprunggelenks kann ein stabilisierender Tape-Verband hilfreich sein. Im Falle eines ausgerenkten Gelenks, wie etwa der Schulter oder des Sprunggelenks, sollte die Einrenkung nur durch Fachpersonal erfolgen.

    Bei einem Bruch ist es wichtig, diesen "achsgerecht" zu lagern, ohne jedoch Druck auf die Bruchstelle auszuüben. Offene Brüche sollten ebenfalls achsgerecht gelagert und steril verbunden werden.

    Transport im unwegsamen Gelände

    In Situationen, in denen jemand verletzt ist und nicht mehr laufen kann, ist es entscheidend, eine Möglichkeit zum Transportieren in unwegsamem Gelände zur Hand zu haben. Ein robustes Dreieckstuch, das als Tragering umfunktioniert werden kann oder eine spezielle Rettungstrage im Rucksack zu tragen, ermöglichen es, Verletzte sicher zu transportieren, bis professionelle Hilfe eintrifft.

    5. Medikamente unterwegs: Für die eigenen Bedürfnisse sorgen

    Es ist ratsam, eine kleine Auswahl an Medikamenten mit sich zu führen, um auf mögliche gesundheitliche Probleme vorbereitet zu sein. Jeder Mensch hat dabei individuelle Bedürfnisse, daher ist es wichtig, die persönliche Reiseapotheke oder das Erste-Hilfe-Set entsprechend anzupassen. Unsere Gründerin Katrin hat beispielsweise immer Ibuprofen, Allergietabletten und einen Stift zur Herpesbehandlung in der kleinen Tasche ihres Wanderrucksacks.

    Wer auf bestimmte Medikamente angewiesen ist und diese regelmäßig einnimmt oder Allergien hat, die im schlimmsten Fall einen Epipen erfordern, sollte diese immer (in ausreichender Menge) mitführen.

     

    6. Sonnenschutz: Ganz wichtig!

    Besonders in den Bergen ist die UV-Strahlung intensiv und kann zu Sonnenbrand und anderen Hautschäden führen. Aus diesem Grund ist ein guter Sonnenschutz unerlässlich. Auch die Lippen dürfen dabei nicht vergessen werden, da sie besonders empfindlich sind. Zusätzlich sind Sonnenhüte und Sonnenbrillen empfehlenswert, um sich vor der starken Sonneneinstrahlung zu schützen.

    Erkennung eines Sonnenstichs

    Einen Sonnenstich kann insbesondere bei klarem sonnigem Wetter, vor allem in den Bergen, auftreten. Häufig trifft es unerfahrene Bergsteiger:innen und Wanderer, die die Sonne unterschätzen.

    Er äußert sich oft durch einen heißen, roten Kopf trotz normaler Körpertemperatur, begleitet von Kopfschmerzen, Schwindel, steifem Nacken, Übelkeit, Erbrechen und allgemeiner Unruhe. Im Extremfall kann es zu Bewusstseinsstörungen und Bewusstlosigkeit kommen. Diese Symptome können auch einige Stunden nach dem Aufenthalt in der Sonne auftreten.


    Erste Hilfe bei einem Sonnenstich

    Bei einem Sonnenstich sofort für Schatten sorgen, dabei gegebenenfalls eine Rettungsdecke mit der silbernen Seite nach außen nutzen. Die betroffene Person sollte ruhig liegen, jedoch nicht in Schocklage, sondern mit erhöhtem Oberkörper. Es ist wichtig, das Bewusstsein zu kontrollieren und die betroffene Person zu beruhigen. Die Symptome können oft erst nach einigen Stunden verschwinden.

    Treten Bewusstseinsstörungen oder Bewusstlosigkeit auf, sollte der Rettungsdienst verständigt werden. In solchen Situationen ist schnelle medizinische Hilfe von entscheidender Bedeutung.

    7. Unterkühlung vermeiden

    Eine der größten und dennoch oft unterschätzten Gefahren beim Bergwandern, Bergsteigen oder Trekking ist die Unterkühlung. Es ist zwar normal, hin und wieder etwas zu frieren, doch wenn das Frieren außer Kontrolle gerät und eine adäquate Aufwärmung nicht möglich ist, kann dies zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen.

    Eine praktische Möglichkeit, Dich und andere vor Unterkühlung zu schützen, ist die Mitnahme eines Biwak-Schlafsacks oder einer Rettungsdecke. Diese können im Falle einer unerwarteten Übernachtung im Freien lebensrettend sein. 

    8. Zecken und Zeckenprophylaxe: Eine wichtige Vorsorgemaßnahme

    In Zeckengebieten ist es wichtig, sich richtig zu schützen. Neben Insektenschutzmitteln mit Icaridin, das gegen Zecken wirkt, sollten die Hosen in die Socken gesteckt werden. Auch eine Zeckenimpfung kann je nach Reisegebiet sinnvoll sein. Alle wichtigen Informationen zu Zecken und -prophylaxe haben wir für Dich in unserem Blogbeitrag zur Ersten Hilfe bei Zeckenbissen und Prophylaxe zusammengefasst.

    9. Wundversorgung: Die häufigsten Verletzungen beim Wandern

    Neben Prellungen und Stauchungen gehören Schürfwunden von Stürzen mit zu den häufigsten Verletzungen beim Wandern.

    Grundsätzlich gilt bei der Wundversorgung immer:

    • Selbstschutz mit medizinischen Einmalhandschuhen
    • Reinigung und Desinfektion der Wunde, beispielsweise mit NaCl 0,9 % aus unserem Erste-Hilfe-Set
    • Wunddesinfektionsspray
    • Trocknen der Wunde
    • Abdecken der Wunde mit Fettgaze oder steriler Kompresse und fixieren des Verbandes ohne Druck
    • Bei starker Blutung einen Druckverband anlegen

    Wie die Wundversorgung bei verschiedenen Wundarten genau funktioniert, erklären wir Dir hier ausführlich.

    10. Erste Hilfe: Wissen auffrischen

    Dieser Tipp müsste eigentlich an erster Stelle dieser Liste stehen, denn er kann unter Umständen Leben retten. Wenn Du viel und häufig Outdoor unterwegs bist, solltest Du regelmäßig an Erste-Hilfe-Kursen teilnehmen, um das eigene Wissen aufzufrischen und im Zweifelsfall gerüstet zu sein. Aus diesem Grund planen wir gerade unsere eigene Lernplattform, auf der wir spezielle Erste-Hilfe-Outdoor-Kurse anbieten wollen - es bleibt spannend!

    Jedes gute und sichere Outdoor Abenteuer beginnt mit der richtigen Vorbereitung und Vorsorge, um auch im Notfall angemessen zu reagieren. Wenn Du diese wichtigen Tipps beherzigt, bist Du gut gerüstet, um Dein Outdoor-Abenteuer sicher und unbeschwert zu genießen. 

    Du willst die Tipps immer griffbereit dabei haben, um auch in Stresssituationen genau zu wissen, was zu tun ist? 

    Unsere Reiseapotheken und Erste-Hilfe-Sets beinhalten je nach Variante unsere Schritt-für-Schritt-Erste-Hilfe Anleitung als robustes Booklet für unterwegs - das Booklet gibt es im Shop natürlich auch einzeln zu kaufen. Für unterwegs gibt es die Anleitungen auch in unserer App.
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